Tag der kleinen Retter

(18.04.2023) Am Dienstagmorgen war es für die jüngeren Schüler der ersten und zweiten Klassen alles andere als leicht, sich auf den Unterricht im Klassenraum zu konzentrieren, denn ein Rettungsfahrzeug nach dem anderen fuhr auf den Schulhof der Diesterweg Grundschule. Da gingen die Augen automatisch Richtung Fensterfront nach draußen. Neben zwei Notarzteinsatzfahrzeugen und zwei Rettungswagen standen noch ein Quad für Notfalleinsätze in unwegsamen Geländen sowie ein Geländewagen (GW San) und ein Küchenfahrzeug (GW Verpflegung) aus der Fahrzeugflotte des Rettungsdienstes und Katastrophenschutzes des Landkreises Sömmerda zur Besichtigung bereit. Erstmalig gab es an der Diesterweg Grundschule einen Tag der kleinen Retter für alle Dritt- und Viertklässler.

Sechs Stationen galt es an diesem Tag zu absolvieren – ein langer Tag mit vielen Informationen für die Kinder. Doch selbst an den letzten Stationen war die Begeisterung noch groß, denn überall gab es spannende Fakten oder Praktisches auszuprobieren. Und nicht nur die Kinder lernten viel Neues – auch die Lehrer und Erzieher, die ihre Schüler begleiteten, lernten das Eine oder Andere dazu.

In der Aula wartete Susanne Mund vom ASB auf die Kinder. Mitgebracht hatte sie zwei Reanimationspuppen. Gemeinsam mit den Kindern besprach sie, wie man handelt, wenn man einen Verletzten findet. „Hallo? Können Sie mich hören?“ riefen die Kinder und lernten, eine nicht ansprechbare, aber noch atmende Person in die stabile Seitenlage zu legen.

Schnell merkten die Schüler, dass das nicht so einfach ist, aber Frau Mund hatte viele Eselsbrücken parat, um sich im Notfall die einzelnen Handgriffe ins Gedächtnis zu rufen. Doch was passiert, wenn der Verletzte nicht ansprechbar ist und nicht mehr atmet? Zwölf Minuten dauert es in der Regel, bis der Rettungswagen am Unfallort ist. Zwölf Minuten, die die Herz-Lungen-Wiederbelebung ausgeführt werden muss, bis die Profis übernehmen. Zwölf Minuten, die über Leben und Tod entscheiden. Dass das leichter aussieht als es ist, konnten Constantin und Mika aus der 4a am eigenen Leib spüren. „Wir schaffen es locker, die Herzdruckmassage fünf Minuten auszuführen!“ behaupteten die Beiden und durften es prompt testen. Nach anderthalb Minuten ließ die Kraft merklich nach, so dass der Versuch an dieser Stelle endete. Mika merkte deutlich, wie die Muskeln in den Armen gearbeitet hatten. Bis also ein Rettungswagen nach spätestens zwölf Minuten da ist, bedeutet eine Herzdruckmassage viel Arbeit. Anschließend durfte jedes Kind an der Reanimationspuppe eine Herzdruckmassage ausprobieren.

Neugierige waren ganz in ihrem Element an den beiden Fahrzeugstationen auf dem Schulhof. In kleinen Gruppen galt es die Fahrzeuge zu erkunden. Die Mitarbeiter des ASB und des DRK öffneten viele der kleinen Fächer für die Kinder. Neben Verbandsmaterialien gab es noch viele andere Sachen zu entdecken.

Am Rettungswagen lag eine unscheinbar wirkende, orangefarbige Matratze bereit. Ein Freiwilliger jeder Gruppe durfte den Verletzten spielen. Die Klassenkameraden übernahmen die Arbeit der Notfallsanitäter. Gemeinsam schloss man die Klickverschlüsse und dann wurde die Luft aus der Matratze gezogen. „Schaut mal, man sieht genau die Körperform von ihr!“ staunen die Kinder der 3a, nachdem ihre Klassenkameradin die Vakuummatratze verlassen hatte. Dass diese benutzt wird, um Verletzte, die z.B. eine Wirbelsäulenverletzung haben, sicher ins Krankenhaus zu transportieren, haben sich die Kinder nach diesem eindrucksvollen Experiment mit Sicherheit gemerkt.

Wie spannend das Innenleben des eigenen Körpers ist, erfuhren die Kinder im Schulgartenraum bei einem der zwei ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes des Landkreises Nils Türpitz. Dieser staunte am Ende des Tages, wie viel die Grundschüler bereits über den menschlichen Körper wissen. Zu Beginn zählten die Kinder alle Organe auf, die sie bereits kannten. Da kam schon eine Menge zusammen. Lediglich bei der Milz musste nachgeholfen werden. Auch bei den Funktionen der Organe wussten die Kinder schon viel. Mit Stethoskopen dürfen die Kinder ihrem Puls lauschen und taten dies auch mit großer Begeisterung. Warum wird die Pupille, wenn man ins Licht schaut, kleiner? Wozu braucht man das Gehirn? Was sind Reflexe und viele andere Fragen wurden in den 45 Minuten bei Herrn Türpitz geklärt. Doch die Highlights für die Kinder waren das mobile Ultraschallgerät und das Monitoring. Hier konnte der Blutdruck, die Herzfrequenz, und die Sauerstoffsättigung im Blut kontrolliert werden. In der Klasse 4b durfte John der Patient sein. Mit dem Ultraschallkopf, der das Bild auf ein Handy überträgt, wurden die Kinder in eine sonst für sie unsichtbare Welt mitgenommen.

Moritz Engelhardt legte an seiner Station theoretische Grundlagen bei den Kindern. Der Notfallsanitäter berichtete ihnen von seiner Arbeit und erklärte, was passiert, wenn ein Notruf eingeht. Wer fährt im Rettungswagen mit? Wann kommt ein Notarzt zur Unfallstelle? Wie arbeiten die Sanitäter und Ärzte vor Ort?

Mit all diesen Fragen kann man sich gar nicht früh und oft genug beschäftigen. Aus diesem Grund initiierte der Sömmerdaer Allgemein- und Notfallmediziner Nils Türpitz in Zusammenarbeit mit unserer Schule erstmalig im Landkreis diesen Projekttag. Dieser soll nun jährlich stattfinden, um nicht zuletzt bei den Kindern die Hemmschwelle zu senken, bei einem Notfall zu helfen.

Wir bedanken uns herzlich bei Nils Türpitz und den Mitarbeitern des DRK und ASB für diesen eindrucksvollen Tag. Alle Mitarbeiter haben für unsere Kinder einen Teil ihrer Freizeit investiert. Dass der Funke übergesprungen ist, konnte man an den begeisterten Kindern sehen. So manches Elternteil wurde noch am gleichen Abend von seinem Kind getestet, ob das Wissen um die Erste Hilfe noch anwendungsbereit ist und durfte seinem Sprössling unter anderem die stabile Seitenlage vorführen.