Was passiert, wenn der Rettungswagen kommt?

(17.04.2024) Am Mittwochmorgen ist die Turnhalle der Diesterwegschule mit den ca. 130 Dritt- und Viertklässlern und ihren Klassenlehrern und Erziehern gut gefüllt. Zum zweiten Mal findet der Tag der kleinen Retter in unserer Schule für die Klasse 3 und 4 statt. Dieser soll den Kindern die Angst vor einem Notfall nehmen und nicht zuletzt die Hemmschwelle senken, bei einem Notfall zu helfen.
Bevor es mit den fünf Stationen losgeht, soll Oskar noch schnell ein Plakat an der Turnhallenwand befestigen. Doch der Zehnjährige gerät dabei ins Wanken, fällt vom Stuhl und bleibt regungslos auf dem Turnhallenboden liegen. Es ist mucksmäuschenstill in der Halle. Alle Augen sind auf Oskar gerichtet. Schnell merken die Kinder, dass dies nur eine Demonstration ist, und die Aufregung legt sich. Nils Türpitz, der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes des Landkreises fragt die Kinder, was nun zu tun ist. Weggucken oder lieber helfen? Natürlich helfen! sind sich die Kinder schnell einig. Sie schlagen vor, den Rettungswagen zu rufen. Gesagt – getan. Schnell wählt Herr Türpitz die 112 und die Kinder helfen, der Leitstelle den Unfallort und das Unfallgeschehen mit Hilfe der W-Fragen zu beantworten. Diese haben sie schon im Unterricht besprochen. Wer ruft an? Was ist passiert? Wo ist es passiert? Wie viele Verletzte gibt es? Warten auf Rückfragen …
Als kurz darauf das Martinshorn auf dem Schulhof zu hören ist und zwei Notfallsanitäter mit einer Trage in die Turnhalle gefahren kommen, staunen die Kinder nicht schlecht. Oskar wird untersucht und auf die Trage gebettet. Nils Türpitz erklärt den Kindern jeden Schritt.

Danach geht es richtig los: Fünf Stationen gibt es an diesem Tag zu absolvieren – ein langer Tag mit vielen Informationen für die Kinder. Doch selbst an den letzten Stationen ist die Begeisterung noch groß, denn überall gibt es spannende Fakten oder Praktisches auszuprobieren. Und nicht nur die Kinder lernen viel Neues – auch die Lehrer und Erzieher, die ihre Schüler begleiten, lernen das Eine oder Andere dazu.

Auf dem Schulhof stehen der Katastrophenschutz mit einem Küchenfahrzeug sowie einem Einsatzleitfahrzeug bereit. Außerdem ist die Freiwillige Feuerwehr Sömmerda mit zwei Fahrzeugen gekommen. In kleinen Gruppen gilt es, die Fahrzeuge zu erkunden. Die Mitarbeiter öffnen für die neugierigen Kinderaugen viele Fächer an ihren Fahrzeugen. Außerdem erfahren die Kinder, dass ein Feuerwehrmann im Notfall sogar seinen vollen Einkaufswagen im Supermarkt stehen lässt, um anderen Menschen zu helfen. Fenja aus der Klasse 3a findet diese Station sehr spannend, denn sie ist bei der Kinderfeuerwehr in Griefstedt aktiv. „Manche Dinge am Feuerwehrauto kannte ich noch gar nicht!“ sagt die kleine Feuerwehrfrau nach dem Projekttag.

Wie spannend das Innenleben des eigenen Körpers ist, erfahren die Kinder im Schulgartenraum bei Nils Türpitz. In jeder Klasse gibt es einen freiwilligen Patienten, der von Herrn Türpitz und den Kindern untersucht wird. Mit Stethoskopen dürfen die Kinder ihrem Puls lauschen und tun dies auch mit großer Begeisterung. Warum wird die Pupille kleiner, wenn man ins Licht schaut? Wie lange braucht das Auge, um sich an die Dunkelheit anzupassen? Welchen Weg geht unser Essen im Körper? und viele andere Fragen wurden in den 45 Minuten bei Herrn Türpitz geklärt. Doch das Highlight für die Kinder ist das Monitoring. Hier kann der Blutdruck, die Herzfrequenz, und die Sauerstoffsättigung im Blut kontrolliert werden.

In der Aula wartet Susanne Mund vom ASB auf die Kinder. Mitgebracht hat sie eine Reanimationspuppe. Gemeinsam mit den Kindern bespricht sie, wie man handelt, wenn man einen Verletzten findet. „Hallo? Können Sie mich hören?“ rufen die Kinder und lernen, eine nicht ansprechbare, aber noch atmende Person in die stabile Seitenlage zu legen.

Schnell merken die Schüler, dass das nicht so einfach ist, aber Frau Mund hatte viele Eselsbrücken parat, um sich im Notfall, die einzelnen Handgriffe ins Gedächtnis zu rufen. Doch was passiert, wenn der Verletzte nicht ansprechbar ist und nicht mehr atmet? Zwölf Minuten dauert es in der Regel, bis der Rettungswagen am Unfallort ist. Zwölf Minuten, die die Herz-Lungen-Wiederbelebung ausgeführt werden muss, bis die Profis übernehmen. Zwölf Minuten, die über Leben und Tod entscheiden. Dass das leichter aussieht als es ist, merken die Kinder schnell. Bis also ein Rettungswagen nach spätestens zwölf Minuten da ist, bedeutet eine Herzdruckmassage viel Arbeit. Anschließend dürfen die Kinder im Zweierteam an der Reanimationspuppe eine Herzdruckmassage ausprobieren.

Neu in diesem Jahr ist die Station „Verbandslehre“. Bei DRK-Rettungsdienstmitarbeiter Lukas Klaas erfahren die Kinder, wie man Verbände anlegt. Druckverband, Fingerverband, Kopfverband – es gibt viele verschiedene Verbände und natürlich dürfen die Kinder alles ausprobieren. Dabei ist die Stimmung gut und es gibt es viel Gelächter. Zu guter Letzt bauen die Kinder aus einem Dreieckstuch einen Tragering, mit dem Personen transportiert werden können, die nicht mehr laufen können.

Bis zur vorletzten Station hält das Wetter, doch gegen 12:00 Uhr kommt ein heftiger Hagelschauer herunter. Wohl dem, der die letzte Station im Schulhaus zu absolvieren hat. Doch die Helfer vom Katastrophenschutz und der freiwilligen Feuerwehr machen das Beste daraus und verlegen ihre Station in den Klassenraum, um ihnen dort einiges über ihre Einsätze zu berichten.
Als die Fahrzeuge der Feuerwehr gegen 13:00 Uhr unser Schulgelände verlassen, stehen die Jüngsten parat und verabschieden die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Sömmerda gebührend. Auch im nächsten Jahr wird dieser Projekttag bei uns stattfinden und bald sind die Jüngsten als Drittklässler selbst dabei.

Unser Dank geht an Nils Türpitz, ohne dessen Engagement, dieser Projekttag nicht zustande gekommen wäre. Außerdem bedanken wir uns bei den Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Maik Nimz, Diana Nimz, Ingo Kroll und Moritz Engelhardt, der Erste-Hilfe-Trainerin des ASB Sömmerda Susanne Mund sowie den Rettungsdienstmitarbeitern des DRK Sömmerda Jessica Köttig, Felix Langer und Lukas Klaas. Alle Mitarbeiter haben für unsere Kinder einen Teil ihrer Freizeit investiert. Das ist auf keinen Fall selbstverständlich und wir sind dankbar über so viel Engagement für unsere Kinder!